Die Schwitzhütte: Ein besonderes Schamanenritual

Die Schwitzhütten-Zeremonie ist ein schamanisches Ritual zur Reinigung und Wiedergeburt, das von vielen Kulturen auf der ganzen Welt durchgeführt wurde. Vor allem die Stämme Nordamerikas konnten diese wertvolle Tradition bis heute bewahren. Schamanen unterscheiden zwischen zwei Formen der Schwitzhütte: die Heilungshütte und die Reinigungshütte. In diesem Artikel erläutern wir nicht nur den Unterschied dieser beiden Formen, sondern klären auch über den mythologischen Ursprung der Inipi, der Verbreitung der Sweat Lodges und deren Bedeutung auf. Zudem gehen wir näher auf die Lakota-Schwitzhütte ein und erklären den Aufbau und den Ablauf eines traditionellen Schwitzhütten-Rituals.

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Inhaltsverzeichnis
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Die Schwitzhütte als Ritual der Wiedergeburt im Bauch von Mutter Erde

Wenn das Knistern der Kräuter und das Zischen des auf die glühenden Steine geschütteten Wassers das Innere der Schwitzhütte mit heißem, wohlriechendem Dampf füllt und man den weisen Worten des schamanischen Ritualleiters lauscht, spürt man förmlich, wie der Körper und die Seele rituell gereinigt werden. Genau dies ist der Sinn der traditionellen Schwitzhütten-Rituale. Man kriecht in den Bauch von Mutter Erde zurück und in dieser dunklen, wohlig-warmen Höhle, streift man alten Ballast ab, und taucht in tiefere Ebenen seines Bewusstseins ab. Man tritt in Kontakt mit seinen Ahnen und den Spirits. Man schafft Platz für Neues und man heilt – sowohl seelisch als auch physisch, sowohl emotional als auch spirituell. In einer Schwitzhütte wird man wieder ganz.

Der Ursprung der Schwitzhütten-Zeremonie

Auch wenn in vielen Regionen der Erde bis heute nur wenige Überlieferungen über Schwitzhüttenrituale erhalten sind, so geht man davon aus, dass Schwitzhütten ursprünglich eine rituelle Bedeutung im Zusammenhang mit der Jagd hatten. Es wird vermutet, dass Jäger durch exzessives Schwitzen ihren Körpergeruch neutralisiert haben. Auf diese Weise konnten sie sich näher an Beutetiere heranschleichen. Erst mit der Zeit wurde aus dieser Jagdzeremonie eine spirituelle, in der man die Tiergeister anrief und um Jagdglück bat. Die Schwitzhütte wurde von diesem Zeitpunkt an zur Visionssuche und viele weitere spirituelle Rituale genutzt. Mithilfe von Schwitzhütten Zeremonien wurden Visionen gesucht, die dem Wohl der Gemeinschaft dienten. Man bat die Geister der Ahnen und der Natur um Trost, Rat und Unterstützung. Auch der antike griechische Historiograph Herodot berichtete bereits 450 vor Christus über das Kriegervolk der Skythen und beschrieb ihre Form des Schwitzbades. Sie wickelten sich in Decken und warfen Hanfsamen auf glühende Steine, so dass ein unglaublich dichter Dampf entstand. Auch in Irland gibt es uralte Aufzeichnungen über Erdhütten, die mindestens 1.500 Jahre alt sind. Viele davon sind heute noch zu finden.

Der Steinjunge der Lakota-Indianer

Bei den Lakota Indianern erzählt man sich eigene Ursprungsmythen der Inipi. Einst gab es eine Frau, die mit ihren fünf Brüdern in einem Canyon lebte. Jeden Abend gingen die Brüder auf die Jagd, jedoch verscholl bei jeder Jagd einer von ihnen. Als die verzweifelte Frau sich das Leben nehmen wollte und einen Stein verschluckte, wuchs aus diesem der Steinjunge heran, Iyan Hokshi. Der Steinjunge wuchs außerordentlich schnell heran und ging schon bald ebenfalls auf die Jagd. Er traf auf eine alte Frau, die in einem maroden Tipi lebte, in dem fünf Beutel an den Wänden lehnten. Die Frau klagte über Rückenschmerzen und bat den Steinjungen über ihren Rücken zu laufen, um die Schmerzen zu lindern. Als er einen spitzen Gegenstand unter ihrer Kleidung spürte, wusste er, dass sie seine Onkel getötet hatte und sprang so lange und so fest auf ihren Rücken, bis er brach und sie tot war. In den fünf Beuteln fand er seine fünf verdorrten Onkel. Als er erschüttert das Tipi verließ, sprach ein Haufen runder Steine zu ihm und wiesen ihn an, eine kuppelförmige Hütte aus Weidenruten und Büffelfellen zu bauen. Er brachte die Körper seiner Onkel in die Hütte und verbrannte den Körper der Frau auf einem Feuer davor. Anschließend trug er die glühenden Steine mit einem Hirschgeweih in die Hütte und begoss sie mit Wasser. Er bedankte sich bei seinen Onkeln. Als er diesen Vorgang wiederholte, bewegte sich etwas in der Hütte. Der Steinjunge begann zu singen und beim vierten Durchgang stimmten seine Onkel in den Gesang mit ein. Sie waren von den Toten auferstanden und von nun an, galt dieses Ritual der Schwitzhütte als heilig. Aus diesem Grund hieß die Schwitzhütte bei den Lakota auch „wakan tunka tipi“, was so viel bedeutet wie „Hütte der heiligen Steine“ oder „wo die Steine zu dir sprechen“.

Die Verbreitung des schamanischen Schwitzhütten-Rituals

Meist bringt man die Schwitzhütte vorrangig mit nordamerikanischen Kulturen und Stämmen in Verbindung. Doch in Wahrheit wurden Schwitzhütten-Rituale in fast allen Teilen der Welt von mächtigen Schamanen praktiziert. Während die Erinnerungen an jene Rituale unserer Vorfahren in unseren Breitengraden verblassten, haben die nordamerikanischen Ureinwohner die Tradition der Schwitzhütten-Zeremonien bis zum heutigen Tag als wichtiges Kulturgut bewahrt und in den 1970er Jahren zurück nach Europa gebracht. Dennoch wissen wir, dass auch Kelten, Germanen und Slaven Schwitzhütten für rituelle Zwecke nutzten und dies seit den Anfängen der Menschheit taten. So wurden in der Kaukasus-Gegend aus Mammut-Rippenknochen bestehende Schwitzhäuser entdeckt, die aus der Eiszeit stammen.

Die Bedeutung der Schwitzhütten-Zeremonie

Auch wenn Schwitzhütten-Rituale Ähnlichkeiten mit finnischen Saunen oder russischen Banjas vorweisen, so haben sie in Wahrheit kaum etwas gemein. Denn während bei Saunen oder Banjas die Stärkung des Immunsystems im Mittelpunkt steht, ist das Schwitzhütten-Ritual eine der ältesten und traditionsreichsten Zeremonien der Welt, in welcher der Gesundheitsaspekt eine untergeordnete Rolle spielt. Schwitzhütten wurden seit jeher zu rituellen Zwecken genutzt, um in tiefere Ebenen unseres Seins abzutauchen und unsere Seele zu heilen. Die Hütte symbolisiert dabei den schwangeren Bauch der Mutter Erde, in die der Mensch zurückkehrt, um anschließend neu geboren zu werden. Alles was überflüssig und belastend ist oder nicht mehr gebraucht wird, bleibt in der Hütte zurück, wodurch Platz für Neues geschaffen wird – in unserem Innersten. Mithilfe eines Inipi erlangt man innere Klarheit, die sich in Form von Visionen manifestieren kann. Schamanische Schwitzhüttenrituale stellen eine einzigartige und intensive Verbindung zum Ursprung allen Seins, zu den Elementen und der Erde selbst her. Dies ist eine tiefgreifend-emotionale Erfahrung, die sowohl Körper als auch Geist auf ewig in Erinnerung bleibt und unbeschreibliche Geborgenheit entstehen lässt. Das Schwitzen und die stille Einkehr vollziehen eine innere und äußere Einigung und stehen zudem für die Wiedervereinigung mit dem Schöpfer Wakan Tanka.

Reinigungshütten und Heilungshütten

Schwitzhütten und auch das Schwitzhüttenritual können sich in Form und Umfang je nach Zweck deutlich unterscheiden. Während es spezielle Zeremonien für die Trauerbewältigung, für die Taufe oder auch für Hochzeiten oder Sonnentänze gibt, so sind so genannte Reinigungshütten und Heilungshütten die am häufigsten stattfindenden Schwitzhütten-Zeremonien. Dabei unterscheidet sich vor allem die Intensität. Bei einem Reinigungshütten-Ritual werden meist vier Durchgänge genutzt, um die gewünschte Wirkung zu erlangen. Bei Heilungshüttenritualen werden mehr glühende Steine verwendet und acht oder mehr Durchgänge durchgeführt, je nach Eingabe des Medizinmannes. So kann es in Heilungshütten unerträglich heiß werden und es ist nicht unüblich, dass sich Teilnehmer deshalb übergeben. Das Erbrechen wird von vielen Schamanen als gewünschter Heilungsprozess sogar begrüßt und ist von den Spirits (tunka shila) so gewollt.
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Der Aufbau einer traditionellen Schwitzhütte

Schwitzhütten unterscheiden sich aufgrund ihres Zwecks (siehe Reinigungshütten und Heilungshütten) oft deutlich voneinander. In diesem Abschnitt erläutern wir deshalb den Aufbau einer Reinigungshütte nach Lakota-Tradition nach Instruktionen unserer langjährigen Partner Elk Heart und Sqquoyah. Der Bau der Schwitzhütte selbst ist nicht Teil der Zeremonie, läuft jedoch ebenso nach einigen rituell-wichtigen Schritten ab. In der folgenden Anleitung zum Bau einer Schwitzhütte gehen wir Schritt für Schritt auch diese Vorbereitungen durch.

1. Vorbereitungen für den Bau einer Schwitzhütte

In der Form eines Kreises werden sechzehn (bei manchen Stämmen auch nur zwölf) Löcher für die Stangen des Hüttengerüstes gegraben, so dass der Kreis einen Durchmesser von drei Metern erreicht. In diese Löcher wird etwas Tabak als Opfergabe hinterlegt. Der Abstand zwischen den Löchern beträgt sechzig Zentimeter. Anschließend werden Äste von Weiden, Eschen oder einem anderen biegsamen Holz geschnitten und Steine gesammelt. Dabei ist es wichtig dies voller Respekt der Natur gegenüber zu tun und ebenfalls Opfergaben zurückzulassen. Die Äste sollten zwei bis drei Zentimeter dick und circa zweieinhalb Meter lang sein. Für eine viereinhalb Meter lange Schwitzhütte sollten fünfzig Stück ausreichen. Die Ruten werden anschließend geschält, die Rinde kann zum Verbinden der Ruten genutzt werden. In der Mitte des Kreises wird eine Grube gegraben, das sechzig Zentimeter tief ist und ebenso einen Durchmesser von sechzig Zentimetern aufweist. In dieses Loch werden später die heißen Steine gelegt.

2. Der Bau des Altares

Mit der Erde der ausgehobenen Grube, wird vor der Schwitzhütte ein Altarhügel angelegt, der „mound“ genannt wird. Dieser sollte zwanzig Zentimeter hoch sein und einen Durchmesser von fünfzig Zentimetern haben. Der Altar befindet sich zwischen der Feuerstelle und der Schwitzhütte. An jenem Rand des Altares, der Richtung Feuer zeigt, wird ein Stab in die Erde gesteckt, der den Lebensbaum verkörpert. An diesem Stab sind weitere Tabakopfer angebracht sowie verschiedenfärbige Stoffbänder. Welche Farben die Bänder haben, kann sich von Schamane zu Schamane unterscheiden. So bindet Elk Heart einen grünen Stoff an das untere Ende des Stabes, der die Erde symbolisiert, in die Mitte einen gelben, einen weißen, einen schwarzen und einen roten für die Richtungen und an das obere Ende einen blauen, der den Himmel verkörpert. Sequoyah hingegen verwendet ausschließlich schwarze und weiße Stoffbänder, welche die Gegensätze verkörpern. Der Zeremonieleiter legt auf diesem Altar auch Ritualgegenstände und andere wichtige Objekte (zum Beispiel die Heilige Pfeife) ab.

3. Der Aufbau der Feuerstelle und die Auswahl der Steine

Während die Schwitzhütte Mutter Erde symbolisiert, in welche die Teilnehmer der Schwitzhütten-Zeremonie zurückkehren, steht das Feuer für die Sonne. Ein Weg, der den Namen „unci“ trägt, verbindet die Feuerstelle und die Schwitzhütte, die ungefähr sechs oder sieben Schritte voneinander entfernt sind. Der Durchmesser der Feuerstelle kann dabei gut zwei Meter betragen und auch vertieft werden. Der Weg und die Feuerstelle können darüber hinaus mit Steinen umrandet werden. Für das Feuer werden Holzscheite in einem Quadrat aufgelegt und weitere Scheite quer, so dass man die Steine gut darauf ablegen kann. Führt der Schamane ein Reinigungsritual durch, werden 28 Steine verwendet, bei einem Heilungsritual 56 Steine. Die Anzahl der Steine variiert bei Stämmen, muss jedoch immer durch die heilige Zahl vier teilbar sein. Bei der Wahl der Steine sollte man auf Sandstein, Vulkangestein oder Granit zurückgreifen und auf Steine aus Gewässern verzichten, damit diese nicht Gefahr laufen in der Hitze zu explodieren. Die Größe der Steine sollte ungefähr zwei Fäusten entsprechen. Es dauert ein bis zwei Stunden, bis die Steine heiß genug sind.

4. Der Aufbau des Schwitzhütten-Gerüstes

Der Aufbau des Schwitzhütten-Gerüstes erfolgt rituell. Grundsätzlich werden die Ruten kreisförmig in den Boden gesteckt, zusammengebogen und mit Rinden oder Schnüren gebunden. Dadurch entstehen vier Ringe (bei 16 Ruten), welche die Konstruktion stabilisieren. Folgende Reihenfolge bietet sich an:
So entsteht an der Spitze der Kuppel ein Stern mit acht Zacken. Anschließend werden vier Ringe als Querverbindungen im Abstand von dreißig Zentimetern um die Hütte gebunden, wobei man beim Eingang der Schwitzhütte beginnt und sich im Lauf der Sonne (von links nach rechts) vorarbeitet. Das Eingangstor zur Schwitzhütte kann im Osten oder Westen sein. Dieser Bereich wird beim Binden der Verbindungsruten ausgespart, so dass hier ein Eingang entsteht. Der Eingang kann auch zusätzlich mit einer einzelnen Rute gebogen werden.

Die Lakota befestigen an der obersten Ebene 104 so genannte „tobacco ties“ – kleine Stoffstücke, die mit Tabak gefüllt und mit einer Schnur verschlossen sind. An den Stellen, an denen sich zwei oder mehrere Ruten der Schwitzhütte kreuzen, werden bunte Stoffstreifen angebracht.

5. Das Abdecken der Schwitzhütte

Für die Abdeckung der Kuppelhütte werden Planen und Decken verwendet. Auch dieser Schritt des Aufbaus folgt einer festgelegten, rituellen Ordnung. Die erste Decke oder Plane wird links vom Eingang und von der Erde zum Himmel (von unten nach oben) am Schwitzhütten-gerüst befestigt. Von dort aus werden der Bewegung der Sonne nach weitere Decken und Planen aufgelegt, die sich überlappen. Sind alle Wände bedeckt, wird eine letzte Decke oder Plane oben über die Kuppel gelegt. Der Eingang der Schwitzhütte bleibt ausgespart, denn dort wird eine separate Decke angebracht, welche an zwei Ästen befestigt wurde. Ein Ast dient der Beschwerung (unten), mit dem anderen Ast kann die aufgeschlagene Decke eingehängt werden. So kann man den Eingang unbeschwert öffnen und schließen. Es ist wichtig, dass die Schwitzhütte luftdicht abgeschlossen wird und der Innenraum bei geschlossenem Eingang zu 100 % dunkel ist, darum müssen die Abdeckungen sehr sorgfältig angebracht und genau kontrolliert werden.
IACFS Schamanisches Wissen - Eine mit Decken abgedeckte Schwitzhütte

6. Die letzten Vorbereitungen vor der Zeremonie

Nun ist die Schwitzhütte beinahe bereit für die Durchführung des Rituals. Der Boden innerhalb der Hütte kann mit unterschiedlichen Materialien ausgelegt werden. Meist werden Laub, Reisig oder weitere Decken dafür verwendet. Um den Ritualplatz zu schützen, werden in jede Himmelsrichtung in einiger Entfernung ebenfalls farbige Stoffe angebracht – dazu können weitere Stöcke in den Boden gesteckt werden oder man befestigt sie einfach an einem Baum. Entlang des „unci“ können noch oben gegabelte Stöcke aufgestellt werden, in deren Gabeln Stöcke als Querverbindungen gelegt werden. An diesen so genannten „bricks“ können die Teilnehmer weitere Utensilien aufhängen (Trommeln, Handtücher, Pfeifenbündel, Taschen). Diese „bricks“ sind in den Farben Schwarz, Gelb, Rot und Weiß gehalten. Zu guter Letzt bindet sich jeder Teilnehmer persönliche „tobacco ties“, also Stoffbeutel mit Tabak, in der farblichen Reihenfolge von unten nach oben:
Zusätzlich können alle Teilnehmer pro persönlichem Wunsch an die Spirits einen weiteren Tabakbeutel in beliebiger Farbe anfertigen. Diese Beutel können an das Gerüst der Hütte gebunden werden und nach Abschluss des Rituals entweder verbannt oder zuhause an einen Baum gehängt werden. Bei den Lakota werden die „tabacco ties“ von den Teilnehmern um den Hals oder an den Handgelenken getragen und ins Innere der Schwitzhütte mitgenommen.
IACFS Schamanisches Wissen - Eine mit Decken abgedeckte Schwitzhütte und einer Feuerstelle davor

7. Die Hüter des Feuers

Bevor die Schwitzhütten-Zeremonie beginnt, räuchern sich die Feuermänner oder Feuerfrauen mit Salbei und stapeln Holzscheite und Steine. Sie sprechen ein Gebet, hinterlegen ein weiteres Tabakopfer und entzünden feierlich das Feuer („wakan“). Diese Feuermänner oder Feuerfrauen sind nicht die Leiter der Zeremonie. Ihre Aufgaben beschränken sich auf das Entfachen des Feuers, auf das Hineinbringen der heißen Steine und der Wassereimer in die Schwitzhütte, auf das Reichen der Ritualgegenstände an den Ritualleiter, sowie auf das Öffnen und Schließen der Eingangsklappe nach jeder Ritualrunde. Sobald das Feuer brennt, dürfen ausschließlich der Leiter und die Feuerleute den Weg zwischen Schwitzhütte und Feuerstelle betreten. Nun sind die Vorbereitungen abgeschlossen und das eigentliche Schwitzhütten-Ritual kann beginnen.

Der Ablauf einer Schwitzhütten-Zeremonie

Auch wenn jede Kultur und jeder Stamm feine Unterschiede für die Regeln und den Ablauf eines Schwitzhütten-Rituals hat, so ähnelt sich die grundlegende Struktur. Die von uns beschriebene Zeremonie lehnt sich stark an das Ritual der Lakota an und ist zugleich das am verbreitetste.

Der rituelle Eintritt in die Schwitzhütte

Bei jedem Schwitzhütten-Ritual übernimmt ein Schamane die Rolle des Ritualleiters. Als spiritueller Führer ist er für den gesamten Ablauf der Zeremonie verantwortlich und achtet auf die Einhaltung der Regeln. Zudem besitzt er die Erlaubnis das Ritual je nach Eingebung an spezielle Erfordernisse anzupassen. Der Leiter räuchert das Innere der Schwitzhütte und nimmt Außen rechts neben dem Eingang Platz, der Feuerhüter positioniert sich links davon. Unterdessen gehen die anderen Teilnehmer im Lauf der Sonne (also im Uhrzeigersinn) um die Schwitzhütte herum und halten an jeder der vier Himmelsrichtungen, um im Gedanken ein kurzes Gebet zu sprechen. Sobald sie wieder den Eingang erreicht haben, werden sie vom Ritualleiter mit Salbei geräuchert und dadurch rituell gereinigt. Anschließend kriechen sie auf allen Vieren nacheinander in die Kuppel, wie in den Leib der Mutter Erde. Während des Eintretens sprechen sie leise und voller Ehrfurcht die Worte „mitukaye oyasin“. Übersetzt aus der Sprache der Lakota bedeutet das „für all meine Verwandten“. Gemeint sind damit alle Menschen, alle Tiere, aber auch alle Pflanzen und Mineralien. Die Teilnehmer kriechen wieder im Lauf der Sonne um die Grube in der Mitte der Kuppel herum und nehmen der Reihe nach Platz. Als Vorletzter betritt der Ritualleiter die Hütte und nimmt rechts neben dem Eingang Platz. Zu guter Letzt bringt nun der Feuerhüter mit einer Mistgabel oder einem Geweih die glühenden Steine – jeder wird mit Kräutern gesegnet – sowie einen Eimer voll Wasser und nimmt links neben dem Eingang Platz. Nun wird der Eingang vom Feuerhüter auf Anweisung geschlossen.
IACFS Schamanisches Wissen - Eingang einer Schwitzhütte

Die rituelle Reinigung in Runden

Ist der Eingang geschlossen, herrscht in der Hütte beinahe vollkommene Dunkelheit und Stille. Lediglich ein leichtes Dimmern der glühenden Steine wirft karges Licht ab. Teilnehmer sprechen nur, wenn die Runde es verlangt und der Leiter ihnen das Wort erteilt. Zu allererst begrüßt der Ritualleiter die Stein-Spirits (stone people). Dazu legt er kleine Zedernzweige auf die glühenden Steine, die prompt einen angenehmen Duft verbreiten. Anschließend werden die Geister der sechs Richtungen gerufen, indem Süßgras und Salbei verbrannt wird, ehe zum ersten Mal Wasser auf die glühenden Steine gegossen wird. Der heiße, wohlriechende Dampf, der aufsteigt und sich rasch in der Schwitzhütte verteilt, wird von den Lakota Großvaters-Atem genannt. Es werden auch spezielle Lakota-Lieder gesungen und Gebete gesprochen. Dabei beenden Teilnehmer ihre Worte immer mit dem Wort „hau“ und die anderen antworten mit „hau“. Abschließend sprechen die Teilnehmer gemeinsam die Worte „mitakuye oyasin“, ehe die Eingangsklappe wieder geöffnet wird und das Ende der ersten Runde symbolisiert. Wie lange eine Runde und auch die Pause zwischen den Runden dauert, ist situationsbedingt. In der Regel werden bei einer Reinigungshütte vier Runden begangen, in einer Heilungshütte sogar acht. Es obliegt dem Leiter der Schwitzhütten-Zeremonie, welche Runde welchem Thema zugrunde liegt.

Lakota und andere Indianer nutzten den Ausdruck „Türe“ für diese Themen/Runden. So kann eine Reinigungshütte wie folgt aufgebaut sein:
Bei Heilungshütten werden weitere Türen hinzugefügt. So kann man zum Beispiel für die Heilung einer kranken Person oder die Gunst der Spirits für ein wichtiges Unterfangen bitten. Wichtig ist, dass nach jeder Ritualrunde, die Eingangstür geöffnet und gelüftet wird. Teilnehmer dürfen nach Absprache mit dem Zeremonienleiter die Hütte nach jeder Runde verlassen. Dieser darf die Schwitzhütte aber erst nach Beendigung der nächsten Türe wieder betreten. Er darf den Weg zwischen Feuer und Hütte auch nicht kreuzen, um eine Unterbrechung des Energieflusses zu verhindern. Jedoch sollten alle Teilnehmer ausreichend Disziplin und Durchhaltevermögen an den Tag legen, um die Hütte während des Rituals nicht verlassen zu müssen.

Der Schlusspunkt der Schwitzhütten-Zeremonie

Die letzte Runde wird mit Gesang beendet. Anschließend verlassen die Teilnehmer die Schwitzhütte, beginnend mit dem Leiter im Lauf der Sonne und gießen beim Verlassen der Hütte etwas Wasser auf die Steine. Dem Feuerhüter wird dankend die Hand gereicht. Die persönlichen „tobacco ties“ der Teilnehmer können nun im Feuer verbrannt werden. Manchmal führt der Zeremonienleiter auch noch eine letzte Räucherung der Teilnehmer mit Salbei durch. Zum Abschluss folgt ein rituelles Festessen und oft auch eine kleine Pfeifen-zeremonie, um sich mit den Spirits zu verbinden. Außerdem genießen es die meisten Teilnehmer sich nach der Schwitzhütten-Zeremonie in einem nahegelegenen Gewässer abzukühlen.
IACFS Schamanisches Wissen - Kurt Fenkart vor einer Schwitzhütte
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Nützliche Anleitungen für dein Schwitzhütten-Ritual

Die Durchführung eines Schwitzhütten-Rituals ist ein aufwendiges Unterfangen, das nach viel Erfahrung verlangt. Darüber hinaus sind eine Menge Utensilien nötig, um die Hütte und die Feuerstelle zu bauen. Zudem sollte man Kenntnisse über Lakota-Lieder und Tabakmischungen besitzen.

Tabakmischung für das Schwitzhüttenritual

Bei den Lakota wird für die Zeremonie eine besondere Tabakmischung hergestellt, die „kinnick-kinnick“ genannt wird. Folgende Kräuter werden dafür zusammengemischt:
Eine weitere Mischung, die uns Sequoya lehrte besteht aus:

Pfeifen Lied

Dies ist ein heiliges Pfeifenlied der Lakota-Indianer und die Übersetzung.

Wayan ki yeh (4x hintereinander singen)
Chanupa ki ley
Wakan tschei lo
Wayan ki yeh

Behold us, your children
We are doing the sacred pipe
The way we were shown
Behold us, your children

Beschütze uns, deine Kinder
Wir rauchen die heilige Pfeife
So, wie es uns gezeigt wurde
Beschütze uns, deine Kinder

Materialliste für das Schwitzhüttenritual

Nachstehend findest du eine Materialliste mit allen wichtigen Utensilien und Ritualgegenständen, die bei einer Schwitzhüttenzeremonie nicht fehlen dürfen.

Häufige Fragen zu Schwitzhütten-Ritualen

Bei einer Schwitzhütten-Zeremonie befinden sich die Teilnehmer unter der Führung eines Ritualleiters in einer selbstgebauten Kuppelhütte, die dicht geschlossen ist. In mehreren Runden wird Wasser auf glühende Steine gegossen, die in der Mitte der Hütte liegen. Im Dampf der Kräuter und des Wassers werden Gebete gesprochen, traditionelle Lieder gesungen oder über Belastendes sinniert, mit dem Ziel der rituellen Reinigung von Körper und Geist.
Ein Schwitzhütten-Ritual ist in mehrere Runden aufgeteilt (auch Türen genannt). Je nach Art des Rituals können vier bis acht Runden durchgeführt werden. Die Dauer der Runden und der Pausen zwischen den Runden variiert je nach Kultur, Stamm, Leiter und Situation, darum kann nur schwer eine pauschale Länge genannt werden. Ein herkömmliches Reinigungsritual benötigt in der Regel um die zwei Stunden.
In einer Schwitzhütte wird es heißer, je mehr Runden und je mehr Steine genutzt werden. In einer Reinigungshütte werden in der Regel 28 Steine in vier Runden genutzt. In einer Heilungshütte werden 56 Steine in acht Runden genutzt. Mit jeder Runde wird es in der Schwitzhütte heißer. So kann eine Schwitzhütte über 100 Grad erreichen.
Die Teilnahme an einer Schwitzhüttenzeremonie ist ein einzigartiges und heilendes Erlebnis, welches Teilnehmer ihr restliches Leben wertschätzen und in Erinnerung behalten. Oft wird das Ritual mit einer Wiedergeburt gleichgesetzt, da man seelischen Ballast in der Hütte zurücklässt. Andererseits helfen spezielle Schwitzhütten-Rituale dabei schwierige Situationen, wie den Verlust eines geliebten Menschen, besser zu verarbeiten. Heilungshütten fördern zudem die Heilung von Körper und Geist.
Auch wenn der körperliche Gesundheitsaspekt nicht wie bei Saunen im Vordergrund steht, sind Schwitzhütten auch für den Körper gesund. Das Schwitzen an sich stärkt die Immunabwehr und reinigt den Körper. Vor allem aber können Schwitzhütten dabei helfen körperliche Leiden seelischen Ursprungs zu heilen.
Der Besuch einer Schwitzhütte ist durchaus mit einer körperlichen Anstrengungen gleichzusetzen, auf die man sich gut vorbereiten kann. Idealerweise bereitest du deinen Körper bereits mehrere Tage auf das Ritual vor, indem du auf Genussmittel wie Zigaretten, Alkohol, Kaffee oder Fleisch verzichtest. Außerdem solltest du mit dem Ritualleiter in Kontakt treten, der dir sagt, welche Utensilien du benötigen wirst.
Natürlich ist es jedem selbst überlassen, ob er während einer Schwitzhütten-Zeremonie seine Kontaktlinsen herausnimmt oder nicht. Jedoch raten wir Teilnehmern immer, das Ritual ohne Linsen zu durchlaufen, da in der Hütte Dampf und große Hitze entstehen und auch Rußpartikeln herumfliegen.
Nein, eine Schwitzhütte hat nur wenig mit einer Sauna gemeinsam. Auch wenn der grundlegende Aufbau sich ähnelt, so liegt der Sinn einer Sauna auf dem Gesundheitsaspekt, während eine Schwitzhütten-Zeremonie ein traditionelles Ritual zur Neugeburt von Körper und Seele ist.
Eine herkömmliche Schwitzhütte ist ungefähr 4,5 Meter lang.
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Schwitzhütten-Eindrücke von Kurt Fenkart

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